Ain't no sunshine when he's gone! oder Mein Leben als Navy-wife

Als ich meinen Mann vor über 20 Jahren kennenlernte, war von der Berufslaufbahn „Soldat“ noch keine Rede. Als wir vor 18 Jahren ein Paar wurden, absolvierte er gerade seine Wehrpflicht bei den Musikkorps der Bundeswehr, eine Karriere dort war da aber immer noch kein Thema. Doch die Idee wuchs und ein Jahr später verpflichtete er sich für zwölf Jahre bei der Deutschen Marine für die Offizierslaufbahn. Mittlerweile ist er Berufssoldat. Eine Entscheidung für sein Leben und auch für meins.

Viele Entscheidungen in meinem Leben sind seit dem abhängig von dem Beruf meines Mannes. Mein Studienort, meine Jobwechsel, weil ich entschieden habe meinem Mann bei jeder Versetzung zu folgen. Teilzeit arbeiten, wegen der Kinder, meinen Job kündigen, um ins Ausland zu ziehen.

Auch wenn viele unserer Entscheidungen gemeinsam getroffen wurden, so setzt doch die Bundeswehr oft den Rahmen in unserem Leben. Vieles macht unser Leben dadurch abwechslungsreicher und spannend. Neue Städte und neue Freunde, neue Arbeitsstellen, die mich beruflich bereichern, die Möglichkeit im Ausland zu leben. All das sind Chancen, die uns das Leben durch die Bundeswehr bereithält.

Doch es gibt eben nicht nur die interessanten Angebote, sondern auch die belastenden Herausforderungen.

10 der gemeinsamen 18 Jahre war mein Mann an Bord, im Auslandseinsatz oder auf einem Lehrgang. Das bedeutet für uns eine Abwesenheit pro Jahr von bis zu 6 Monate oder eine Wochenend-beziehung. Nur sieben Jahre unserer gemeinsamen Zeit haben wir fest zusammengelebt.

Bevor wir Kinder hatten, habe ich die Zeit alleine genossen. Ich hatte meine Arbeit, meine Hobbies und Freunde. Ich konnte das Alleinsein genießen und die Vorfreude auf den Partner war riesig. Unserer Beziehung haben die Abwesenheiten damals gut getan. Denn in den Zeiten allein, waren wir unabhängig und konnten eigenen Wünschen und Bedürfnissen nachgehen.

Seit dem wir Kinder haben, empfinde ich die Abwesenheiten meines Mannes oft als Herausforderung. Die Verantwor-tung liegt in den Monaten allein bei mir; für die Kinder, fürs Haus, für den Alltag. In dieser Zeit lässt sich nichts teilen, weder die Arbeit noch der Frust, noch die Freude.

Meine härteste Erfahrung war bisher das Jahr in dem mein Sohn geboren wurde. Zwei Wochen nach der Geburt musste mein Mann los und war in dem ersten Lebensjahr unseres Sohnes insgesamt neun Monate auf See. Eine Erfahrung, die für die gesamte Familie schwierig war.

„Du hast es dir ja so ausgesucht!“ Oder „Na er war doch jetzt ne ganze Zeit zu Hause, dann ist es doch okay, dass er wieder los muss.“ Diese und andere Sätze kennen viele Partner von Marine-soldaten gut. Sie sind oft gut gemeint, sollen aufmuntern, hinter-lassen aber nicht immer das Gefühl verstanden zu werden.

Ich habe mir das Leben mit einem Soldaten nicht aktiv ausge-sucht! Ich akzeptiere, dass er viel weg ist. Ich akzeptiere, dass ich die Verantwortung für die Kinder oft allein trage. Ich akzeptiere, dass ich oft zurückstecke, weil meine Ideen nicht mit dem Beruf meines Mannes zusammenpassen. Doch auch wenn ich vieles akzeptiere, bin ich nicht mit allem einverstanden und zufrieden.

Doch ich freue mich für meinen Mann, denn er hat einen Beruf gefunden, der ihn wirklich glücklich macht. Er liebt die Seefahrt, die Herausforderungen, die Möglichkeiten, die die Marine ihm bietet. Und ich weiß, wie wichtig es ist, einen Job zu finden, der dieses Gefühl  hervorbringt. Das heißt aber nicht, dass ich mit jeder seiner Entscheidungen einverstanden bin. Meinen Missmut und meine Unzufriedenheit formuliere ich durchaus klar, denn das hilft uns im Gespräch zu bleiben und wieder eine Ausge-glichenheit zwischen seinen und meinen Wünschen zu schaffen.

Denn Gleichberechtigung ist in unserer Ehe, so emanzipiert sie auch sein mag, oft nicht gegeben. Während mein Mann die Karriereleiter hinaufsteigt, arbeite ich Teilzeit, weil die Kinderbetreuung nichts anderes zulässt. Um nach Frankreich zu gehen, habe ich meinen Job gekündigt, bei dem ich gerade befördert worden bin. Weiterbildungen die ich mache, verlangen von mir doppelte Planungsarbeit, weil ich immer noch einen Babysitter für die Kinder organisieren muss… Probleme, mit denen mein Mann sich nur selten auseinandersetzen muss.

Während die Abwesenheiten vor den Kindern unsere Beziehung eher belebt hat, kann die Abwesenheiten mit Kindern eher als Belastung für die Beziehung wahrgenommen werden. Der Partner, der zurückbleibt, kann nun sein Leben nicht mehr nach seinen Wünschen und Bedürf-nissen organisieren, sondern wird durch die Bedürfnisse der Kinder bestimmt.

Schlaflosigkeit, Krankheitstage, weil wieder ein Kind krank ist, Erschöpfung, Frustration und Einsamkeit, alles Symptome und Gefühle, die in dieser Phase auftreten können. Wenn der Partner dann noch Bilder aus seinem sonnigen Auslandshafen schickt oder der Skype-Anruf nicht funktioniert, dann kann das Fass schon mal überlaufen.

 

Kleinigkeiten werden dann zum Streitthema und anstatt das Telefonat alle zwei Wochen zu geniessen, ist man so genervt und wütend, dass nicht mehr viel gesprochen wird. Dies ist bei uns meist zur Halbzeit der Abwesenheit der Fall.

Es findet eine emotionale Distanzierung statt. Das ist normal, denn sie ermöglicht es jedem individuell die Zeit zu überstehen, die persönliche Anstrengung auszuhalten. Doch muss diese Phase auch bewusst wieder beendet werden, um die Distanz nicht zu groß werden zu lassen. Dies kann unterschiedlich passieren. Bei uns ist es oft ein langes emotionaleres Gespräch, was wieder Nähe schafft, weil wir beide offen aussprechen, was uns beschäftigt.

 

Abwesenheit, so schwer sie auch erlebt werden kann, bietet auch Chancen. Durch die Trennung treten oft Differenzen zu Tage, die unter normalen Umständen durch den Alltag zu Hause oft unterdrückt oder missachtet werden. 

Die Abwesenheit des Partners kann jedoch aufzeigen, wo Themen zu lange in den Hintergrund geschoben worden oder Streitigkeiten nicht bis zum Ende besprochen worden sind. Stattdessen hat meinen seinen Frust oder seine Unzufrieden-heit lieber runtergeschluckt.

Die Distanz zeigt uns unsere eigenen Stärken auf, sie lässt uns eigene Bedürfnisse und Wünsche wieder entdecken. Dadurch wird es uns in der Partnerschaft wieder möglich uns klar zu positionieren und vielleicht wieder einen eigenen, verloren gegangenen, Weg zu finden. 

 

Ich freue mich nach drei Jahren Familienzeit nicht wirklich auf die nächste Seefahrt meines Mannes, aber ich weiss sie wird kommen. Und ich weiß, dass sie meinem Mann sehr gut tun wird. Und sie wird auch mir gut tun, denn sie gibt mir den Raum mich neu zu orientieren.

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